Aktionsbündnis Böbinger Tunnel

Lärm, Lärmschutz und Lebensqualität nach dem Ausbau der B29!?

Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), Bundes-Immissionsschutzverordnung (BImSchV), Richtlinien für den Lärmschutz (RLS-90), Richtlinie für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes (VLärmSchR 97), Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA Lärm), Emissionen, Immissionen, aktiver Lärmschutz, passiver Lärmschutz, Schallschutz, Lärmsanierung, Umgebungslärm, Lärmüberlagerung, usw.

Gesetze, Verordnungen, Richtlinien, Schlagworte, Erklärungen und Vorschläge zum Thema Lärm und somit Lärmschutz gibt es ausreichend und zuhauf in Deutschland. Lärmwerte für die jeweiligen Tageszeiten, verschiedenen Örtlichkeiten, die Festlegung von Schutzgütern etc. Vieles ist in Deutschland geregelt und festgeschrieben.

„Lärm“ und „Lärmschutz“ ist ein zentrales Thema beim Ausbau der B29

Ein Wust von Begriffen und Regelungen und alle verbindet ein zentrales Schlagwort: Kosten. Denn um dieses Argument geht es schlussendlich immer – leider. Denn das Wichtigste in diesem Kontext, der Mensch und dessen Gesundheit, rückt allzu oft in den Hintergrund. So hat es zumindest für den Bürger den Anschein.

Schon in seinem Positionspapier hat das Aktionsbündnis Böbinger Tunnel „Lärm“ und „Lärmschutz“ zu einem zentralen Thema beim Ausbau der B29 im Bereich von Böbingen gemacht und zurecht mit in den Mittelpunkt der Argumentation für den Tunnel gerückt.

Sicherlich keine Option für den Abschnitt in Böbingen, das ist klar, aber ab der Geschwindigkeit von 30km/h beginnt der Lärm des Abrollens zu überwiegen.

Um die theoretisch ermittelten sogenannten Immissionsrichtwerte gibt es immer wieder heftige Diskussionen. Sei es wegen der Berechnungs- und Beurteilungsgrundlagen (Variablen) oder wegen der faktisch meist nie nachgewiesenen bzw. tatsächlich gemessenen Ergebniswerte. Leider ist es bisweilen gängige Praxis, dass die der Planung und dem Genehmigungsverfahren (!) zu Grunde gelegten Werte nicht durch eine abschließende Messreihe/Audit verifiziert und bei abweichendem Ergebnis ggf. durch bauliche oder verkehrsrechtliche Nachsteuerung justiert werden. Nach Fertigstellung und Inbetriebnahme der Umfahrung in der Nachbargemeinde Mögglingen kam es sehr zeitnah zu Beschwerden der Anwohner.

Eine Anfrage an das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

Diesen Sachverhalt haben die Sprecher des Aktionsbündnisses zum Anlass genommen und eine Anfrage an das Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Ref. 43 Lärmschutz und Luftreinhaltung gestellt. Das „ernüchternde“ Ergebnis kann dem angefügten Schriftverkehr entnommen werden.

Leider werden die Fragen oft nicht wirklich beantwortet. Es wird auf eine/s der oben zitierten Gesetze, Verordnungen, oder Richtlinien verwiesen. Die für den Bürger wichtigen und oft mit persönlichen Erfahrungen verbundenen Sachverhalte werden nicht oder zumindest nicht verständlich beantwortet oder bewusst ausgeblendet.

Für Böbingen, das Umland und das Aktionsbündnis lässt sich aus der Antwort des Ministeriums nur ableiten, dass der Einsatz für den Bau des Böbinger Tunnels wichtig und richtig ist und weitergehen muss.

Der Tunnel ist die einzig sinnvolle und akzeptable Lösung für Böbingen, weil sie in Sachen Lärmschutz die bestmögliche Ausbauvariante darstellt.

Zum Thema „Lärmschutz“ an den Tunnelportalen und den oberirdischen Zufahrtsbereichen kann das Motto nur lauten: „Nicht das unbedingt Notwendige, sondern das für die betroffenen Menschen Mögliche gilt es zu realisieren“.

Es darf gerne etwas MEHR Lärmschutz sein, auch wenn die in den Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien aufgeführten Werte unterschritten werden. Denn je weniger Lärm den Weg in Richtung Bürgerschaft findet, desto weniger Immissionen wirken sich negativ auf den Mensch und seine Umwelt aus.

Im Folgenden also unsere Anfrage samt Antwort an das Referat 43 „Lärmschutz und Luftreinhaltung“ des Ministeriums für Verkehr Baden-Württemberg in Stuttgart:

Sehr geehrter Herr Betz,
zu Ihren Fragen wurden uns von unserem Fachreferat folgende Antworten mitgeteilt:

Frage: In wie weit wird die zukünftig zu erwartende Zunahme des Verkehrs – vor allem des Schwerlastverkehrs – in den Berechnungen für Lärm-Immissionen und entsprechende Lärmschutzmaßnahmen berücksichtigt?

Die Vorgehensweise bei der Lärmprognose und der Bemessung des Lärmschutzes ist gesetzlich durch die 16. Bundesimmissionsschutzverordnung (16. BImSchV) und die verfestigte Rechtsprechung vorgegeben. Die Lärmimmissionen werden nach den Richtlinien für Lärmschutz (RLS-90) aus dem durchschnittlichen täglichen Verkehr des Jahres, getrennt nach Pkw- und Schwerverkehr, im Prognosejahr, im Falle der B 29 das Prognosejahr 2030, jeweils für den Tages- und Nachtzeitraum berechnet. Die Bemessung des Lärmschutzes erfolgt auf Grundlage der in der 16. BImSchV vorgegebenen Grenzwerte und dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 2009 zur Verhältnismäßigkeit von aktivem und passivem Lärmschutz.

Frage: Seitens des RPS werden transparente Lärmschutzwände (glasähnlicher Baustoff) mit einer erwarteten Höhe von 5 m bis 7 m vorgeschlagen. Wir befürchten, dass solche Lärmschutzwände keine genügende Lärmschutzwirkung aufweisen. Darüber hinaus befürchten wir andere negative Wirkungen solcher gläsernen Wände (z.B. Blend-Effekte). Gibt es Ihrer Kenntnis nach diesbezüglich entsprechende Erfahrungen und falls ja, können Sie uns mitteilen, wo solche Lärmschutzwände in Baden-Württemberg gebaut wurden bzw. werden?

Transparente Lärmschutzwände (z.B. Acrylglas) würden bei den Varianten Hochbrücke und Dammlage nur im Bereich des Brückenbauwerks bzw. der Brücken-Damm-Kombination zwischen der Klotzbach- und der Remsquerung eingesetzt, um die Durchsichtigkeit sowie die Belichtung im Ortskernbereich ausreichend zu gewährleisten. Die genannten Wandhöhen ergaben sich aus einer überschlägigen Schallschutzberechnung, die genaue Dimensionierung der Lärmschutzanlagen kann erst in den nachfolgenden Planungsphasen erfolgen. Blendeffekte an transparenten Lärmschutzwänden sind nicht zu befürchten, da diese parallel zur Fahrbahn in einem geraden Abschnitt liegen.

Frage: Aufgrund der Erfahrungen mit der neuen B29-Ortsumgehung Mögglingen werden auf den Brücken Straßenbeläge (Deckschicht) eingebaut, die wegen Vereisung wesentlich rauer sind als die übrigen Beläge auf festem Untergrund. Diese rauen Beläge verursachen bekanntermaßen mehr Lärm. Wird diese erhöhte Lärm-Immission den Berechnungen zugrunde gelegt? Und wie sehen die Berechnungen im Falle von nassen Fahrbahnen aus, bei denen die Lärm-Immission stärker ist als bei trockenen Verhältnissen?

Die Gefahr der früheren Vereisung bei Brücken ist unabhängig vom Straßenbelag einer Brücke und wird durch präventiven Einsatz von Taumitteln verhindert. Im vorgegebenen Lärmberechnungsverfahren nach der 16.BImschV wird der jeweilige Straßenbelag mit einem Zu- oder Abschlag (DStrO) berücksichtigt. Die berechneten Lärmimmissionen nach RLS-90 sind Mittelwerte über das ganze Jahr (siehe Frage 1) und schließen witterungsbedingt höhere Lärmwerte an einzelnen Tagen ein.

Frage: Auffallend sind immer wieder die Klack-Geräusche an den Brückenauflagern. Diese Geräusche sind oft lästiger als der meist monotone Verkehrslärm. Werden diese Geräusche ebenfalls in den Lärmberechnungen berücksichtigt?

Heutzutage werden üblicherweise sinusförmige oder fingerförmige Fahrbahnübergangskonstruktionen verwendet, die nach unten hin durch eine Einhausung sowie nach oben hin durch Lärmminderungselemente vor erhöhter Lärmbelastung schützen.

Frage: Bekanntlich entsteht Lärm auch unterhalb einer Brücke, was mitten in einer Ortslage von besonderer Wichtigkeit ist. Diese Lärmquelle kann vermutlich mit keinen Maßnahmen verhindert bzw. dezimiert werden. Gibt es hierzu Erkenntnisse und/oder Vorgaben, wie man mit dieser Lärmquelle umgeht?

Eine Lärmausbreitung durch Körperschall nach unterhalb der Brücke ist wegen der hohen Masse der Brücke im Vergleich zu den darauf fahrenden Fahrzeugen ausgeschlossen. Der oberhalb der Brücke erzeugte Verkehrslärm wird bereits durch Lärmschutzwände abgehalten und kommt allenfalls stark reduziert unterhalb der Brücke an. Deshalb ist es unterhalb der Brücke auf jeden Fall deutlich leiser als seitlich der Brücke.

Mit freundlichen Grüßen
Ref. 43 Lärmschutz und Luftreinhaltung